Interessieren Sie sich
für REAL-LITERATUR?
Fasziniert Sie die
Widersprüchlichkeit der Welt, haben Sie ein Faible für Nuance und
Atmosphäre?
Versuchen Sie wie
besessen zu verstehen, was warum um Sie herum passiert?
Dann wird LIMESLANDdas Richtige für Sie sein: Es erzählt von einer Begegnung in einer
tragischen Situation, es rechnet ab mit der verformenden Lebensart
eines posttotalitären Systems – auf oft sarkastische, manchmal
aber auch auf poetische Weise.
Und zum Schluß werden
Sie wissen, warum so viele dem Osten den Rücken kehren und gen
Westen ziehen. So viel sei verraten: Es ist nicht nur des Geldes
wegen.
LESEPROBEN:
Es nieselte, fein und
unaufhaltsam. Der Schnee, der die armseligen Häuschen in diesem
gottvergessenen Stadtviertel, die ungepflasterte, verschlammte
Straße, den Müll auf dem maidan, wo eine alte Frau, eine
verwahrloste, gekrümmte Kreatur, die Leiche entdeckt hatte, spärlich
bedeckte, schmolz unter der unaufhaltsamen Berieselung dahin, um sich
in einen widerlichen Matsch zu verwandeln. Grau, klebrig, schmutzig,
so war alles hier, die niedrig hängenden Wolken, der Regen, die
Gesichter der Schaulustigen, die in einiger Entfernung
beisammenstanden und das Geschehen mit lüsterner Neugierde
beobachteten.
Ja, ich hatte diese
Stadt geliebt. Vielleicht, weil ich sie nicht richtig gekannt.
Vielleicht, weil sie noch anders war. Wir waren auseinandergedriftet,
sie und ich, so sehr, dass ich sie jetzt kaum wiedererkannte.
Wandelte ich nicht tagtäglich in ganz fremden Landen zwischen ganz
fremden Menschen? Ich hatte eine Explosion erwartet, damals, als das
Alte zusammenbrach, ein schlagartiges Aufblühen, Frühling, Kraft,
packen wir’s an!
Nichts dergleichen
geschah. Die Stadt verkam, unwiederbringlich, die Menschen verrohten,
ungepflegt, faul, hässlich. Ja, hässlich. Hasserfüllt,
hassenswert, verhasst. Hass. Überall Hass. Aggression. „Was, mein
Schwanz, willst du? Gefickt seien die Toten deiner Mutter, hörst
du?“ Wie konnte man das lieben?
Auf der Landstraße
war plötzlich weit und breit niemand zu sehen. Ich gab Gas. Frei
sein, frei, fliegen, schwerelos, alles können, alles sein, wie war
das leicht und wunderschön! Warum fahren Sie so schnell, haben wir
ein Rendezvous mit dem Tod?, fragte Alexandru trocken. Haben Sie etwa
Angst? Er schwieg.
Ich bremste ab. Seine
Strenge kam mir etwas spielverderberisch vor, dennoch erschien es mir
angebracht, mich zu entschuldigen: Ich wollte Sie nicht betrüben.
Sie haben mich nicht betrübt. Wirklich nicht? Nein. Dann sagen Sie
mir, woran Sie denken. Nein. Warum nicht? Wenn ich es Ihnen sagte …
Ja? Es würde Sie betrüben und das möchte ich nicht, weil es sich
ganz und gar nicht auf Sie bezieht.
Ja, der Sommer war
damals verdammt lang. Die Tage strichen langsam dahin, in ihrem ganz
eigenen, gedehnten Rhythmus. Frühmorgens kam Cristina, um die Schafe
und Ziegen zur Weide zu führen, man trieb die Gänse zum Fluss,
fütterte die Hühner, sammelte die Eier ein; mittags eilte man
hinaus, aufs Feld, um denen, die dort hackten oder pflügten, Essen,
Wein und tzuica zu bringen, zwischendurch arbeitete man im Obstgarten
und im Weinberg; gen Abend, wenn Schafe und Ziegen mit berstend
vollem Euter zurückkamen, wurde gemolken; und nur spät, wenn es
schon fast dunkel wurde, saß man draußen, auf den Bänken vor den
Toren, und plauderte ein bisschen. Der Geruch der Tiere, der Qualm
der Holzöfen, auf denen gekocht wurde, der Duft von frisch
gebackenem Brot nach der Weizenernte oder von eingekochtem
Tomatenmark im September hüllten das Dorf ein und bezeugten, was
seine Bewohner gerade taten, was sie aßen, welche die Tagesstunde
war und welche die Jahreszeit. So lief das seit Ewigkeiten und so
würde es noch Ewigkeiten weiterlaufen. Davon war man überzeugt.
Auch Alexandru.
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