© Mircea Barnaure |
Stecke fest, mitten in der Hauptstädter
Blechlawine. Auf Radio France Internationale – Mircea Cartarescu. Mit monotoner
Beharrlichkeit zählt er seine Bücher auf. Dieses hier –
wichtigst, jenes dort: darf nicht vergessen werden, das vorletzte: 15
Jahre Arbeit, das letzte: etwas ganz anderes, schon in der dritten
Auflage, hat an die 100 Rezensionen, fast alle positiv, ja, die
Kritik ist doch nicht am Ende, sie sieht, sie versteht, ist
tiefsinnig! Wow. Ich höre weiter zu, sehr aufmerksam sogar, denn ich
will ihn nicht verpassen, jenen Augenblick, da vielleicht DAS Wort,
DER Gedanke fällt und meine übersprapazierte Geduld belohnt wird.
Die Zeit vergeht, mein Mut sinkt.
Doch dann, nach einer geschlagenen
Dreiviertelstunde, passiert es, jedoch ganz anders als erwartet. Der
Nobelpreisanwärter evoziert Jugendlektüren. Und zaubert er, der
Fabulierer vom Dienst, eine seiner unvergesslichen Metaphern hervor:
Der junge Edmond Dantès sei eine – Raupe. Eine Raupe? Eine Raupe,
tönt es beharrlich monoton, die sich im Gefägnis einpuppt und dann
ausbricht und ein allmächtiger Schmetterling wird, DumaS
… DumaS? DumaS?
Jetzt höre ich nicht mehr zu, sondern warte nur noch, ungeduldigst,
auf den Einwand der Moderatorin, sie ist des Französischen nur allzu
mächtig, also, korrigiere ihn, kläre ihn auf, komm, sag es endlich,
es heißt Dumas und nicht DumaS,
o, wie tut das meinen Ohren weh!
Die honigsüße Moderatorin denkt aber
nicht daran, den bekanntesten einheimischen Schriftsteller alive
in eine so peinliche Lage zu bringen. Also schleimt sie weiter,
honigsüß (nach langem Zögern sage ich es doch: bis zum
Erbrechen!), das ist ihre Aufgabe, sie erfüllt sie mit Bravour. Wer
hat, dem wird gegeben, sinniere ich resigniert, mitten in meiner Hauptstädter Blechlawine. Da hebt sich plötzlich meine Hand und der
Zeigefinger drückt auf den off-botton. Mit aller Kraft. Und in der Stille, die nun einbricht, lächle ich das
selbstzufriedenste Buddha-Lächeln: Wie schön in einer Zeit zu leben, in der jedem eine
gewisse Allmacht gegeben ist...
Ioana Orleanu
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