Mircea BARNAURE: Süße Maus mit kahlen Herren ... |
Passiert Ihnen das auch?
Sie surfen gemächlich
von Titel zu Titel und auf einmal stoßen Sie auf etwas, und kleben
fest, gegen Ihren Willen, weil etwas Sie gereizt hat, ein Wort, ein
Bild, hier, sehen Sie: Sexismus … CDU… süße Maus …,
Ihre Synapsen entzünden sich, ein Selbstgespräch setzt ein. Na, was
ist das? Sommerloch? Wo denkst du hin! Es herbstet längst. Also dann
– ein Sturm im Wasserglas? Sturm ist schön, Wasserglas auch, es
heißt, okkulte Kräfte seien da am Werke, Kreisverbände und
Zentralen, sie rüttelten und schüttelten um die Wette, auf dass das
Glas kippe und den einen oder anderen unschön beschmutze. Ah, hol
sie doch alle der Teufel. Was interessiert das mich? Dieses
Alte und Graue verfügt weiß Gott nicht über
Uhu-Sekundenkleber-Kraft. Umso mehr aber – die süße
Maus mit Schwanenhals, Hauptakteurin dieser Show. Was für ein
Talent! Und was für ein atemberaubender Ehrgeiz! Und was für eine
Profilierungssucht! Ist das nicht bemerkenswert? Ja, bleiben wir
dran, treten auch näher heran, es ist so schön zu betrachten.
Da ist also eine
26jährige Studentin, die unbedingte Aufmerksamkeit einfordert.
Warum? Weil ihr offensichtlich große Unbill widerfährt. Sie hat den
Superlistenplatz, der eine graue Herr, die andere graue Dame wollen
ihr aber doch den Weg versperren. Das vergällt ihr die Freude, sich
hemmungslos für ihr Land zu engagieren.
Ja, einer nennt sie gar süße Maus.
Frechheit. Sie ist bestimmt keine Maus und süß – nein, das
verbittet sie sich. Was hat sie denn verbrochen, um ein derartiges
Epitheton zu verdienen? Hat sie je mit den Augen geklimpert?
Vielsagend gelächelt? Das niedliche Köpfchen anmutig zur Seite
geneigt und sich so männliche Parteifreundschaft gesichert? Hat sie
sich je geschminkt? Ihr Dekolletee in Form gebracht? Wollte sie
gefallen? Ach, um die Wahrheit zu sagen: Sie hat mit dem Gedanken der
Vollverschleierung gespielt. Auf dass man(n) ihre Ernsthaftigkeit
auch wirklich ernst nehme. Freilich: Das Bild zu ihrer bitteren
Anklage setzt gekonnt den makellosen Schwanenhals zur Schau. Sie ist
aber ein freies Menschenwesen. Also!
Hier
angekommen, machen meine Gedanken einen kleinen, ausgelassenen Sprung
und ich sehe plötzlich jene Tatort-Kommissarin
vor mir, die, tiefdekollettiert und bestiefelt, hin und her stolziert
und jeden Kollegen, der einen eindringlicheren Blick auf ihre Formen
wagt, mit einem strengen Was gibt’s da zu sehen?
straft. Unsere Gesichter, meine Damen, möchte ich sehen, wenn eines
schönen Tages die Herren der Schöpfung, von unseren Nörgeleien
erschöpft, unseren Reizen gleichgültigst gegenüberständen. Das
wäre gar zu lustig.
Was
unsere Hauptakteurin betrifft: Bei so viel Willen zur Macht sage ich
ihr eine glänzende Zukunft voraus. Und sie pflegt auch so
beflissentlich Beziehungen. Sicher, früher hätte man das als Filz
oder Seilschaft
bezeichnet. Heute aber sind die bösen Worte abgeschafft und jedes
Kind weiß, dass flotte Kontakte
und dichte Vernetzung
jedes Nichtkönnen aufwiegt. Also: Es wendet sich alles zum Guten.
Und in 30 Jahren, wenn sie irgendwo, in den ersten Rängen, weilt,
wird sie vielleicht, für einen Augenblick von Wehmut gepackt, den
nunmehr ergrauten Kopf anmutig zur Seite neigen und nostalgisch
sinnieren: Was für ein Glücksfall, jener alte Knacker und
seine süße Maus...
Ioana Orleanu
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